100 Tage Trump

Aktuelle Stunde 27.04.2025 30:17 Min. UT Verfügbar bis 27.04.2027 WDR Von Gudrun Engel

100 Tage Trump - und die deutsche Antwort darauf | MEINUNG

Stand: 30.04.2025, 06:00 Uhr

Gerade 100 Tage ist Donald Trump im Amt und bringt im Schnelldurchlauf nicht nur die US-amerikanische Demokratie ins Wanken, sondern auch die internationale Weltordnung. Welche Strategie sollte Bald-Kanzler Merz fahren, um damit umzugehen?

Von Minh Thu Tran

Mit seinem schwarzen Filzstift hat Donald Trump ein Dekret nach dem anderen unterschrieben: Im Eiltempo hat er Beamte entlassen, Umweltgesetze gelockert, die Wissenschaftsfreiheit infrage gestellt und eine härtere Migrationspolitik umgesetzt. Er baut die Institutionen der USA um, aber er sägt auch an der internationalen Weltordnung.

Das zeigte der Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyi im Weißen Haus, bei dem Trump und sein Vize JD Vance vor laufenden Kameras den ukrainischen Präsidenten in herablassendem Ton bloßstellten. Trump unternahm anschließend den Versuch, die Ukraine zu einem einseitigen Deal zu zwingen - ohne Beteiligung der Europäer. Damit zeigte Trump der EU den Mittelfinger und machte klar: Westliche Werte und internationale Bündnisse sind für ihn bedeutungslos. Auch die Wirtschaftsordnung, die Regeln, wonach wir in der Welt Handel treiben, das schert ihn alles nicht. Also erhebt er erst gegen alle Länder der Welt Zölle und setzt sie dann doch größtenteils aus. 

Merz mit Führungsanspruch in Europa

Und in all diesen 100 Tagen, seit Donald Trump wieder im Oval Office sitzt, stand Deutschland gezwungenermaßen an der Seitenlinie - wegen der vorgezogenen Bundestagswahl. Die Bundesregierung formiert sich jetzt so langsam, mit der Hoffnung, Anfang Mai dann wirklich loslegen zu können. Friedrich Merz, der Kanzler in spe und engagierte Transatlantiker, der jahrelang für US-Unternehmen gearbeitet hat, ist ungeduldig. Der Rest von Europa, so sagt Merz, warte nur darauf, dass Deutschland wieder eine Führungsrolle übernehme.

Friedrich Merz im Bundestag, er schaut nachdenklich, hält sich das Kinn

Unter Bald-Kanzler Merz wird Außenpolitik zur Chefsache.

Wie wichtig es ihm ist, angesichts der internationalen Herausforderungen Akzente zu setzen, sieht man daran, dass die CDU sich durchgesetzt hat, das Außenministerium zu besetzen. Traditionell geht das eigentlich an den kleineren Koalitionspartner, aber hier will Merz Inkonsistenzen unbedingt vermeiden. Außenpolitik wird Chefsache. Johann Wadephul, ein Sicherheitsexperte aus der CDU, wird Außenminister und soll mit Merz diesen deutschen Führungsanspruch in Europa und gegenüber Trump vertreten, dabei aber vor allem loyaler Zuarbeiter für Friedrich Merz sein.

Trumps Politik ist nicht nur kalkulierbar: Sie ist schon vorbestimmt

"Donald Trump ist kalkulierbar, er tut, was er sagt", das sagte Merz einmal über den amerikanischen Präsidenten. Und das stimmt auch auf größerer Ebene. Denn ein Großteil seiner Dekrete, die er unterschrieben hat, decken sich mit dem "Project 2025" - einem erzkonservativen Masterplan, der zum Ziel hat, die Macht des US-Präsidenten auszuweiten und gegen "woke, linke Diversity zu kämpfen". Einer der Autoren von Project 2025 ist der rechte Vordenker Russell Vought - aktuell der Haushaltschef von Donald Trump. Für den Rest der Welt bedeutet das Project 2025: Der Kurs der US-Regierung heißt weiterhin "America First". Was Trump und seine Regierung wollen, das steht so ziemlich 1:1 in einem Handbuch.

Die Trump-Regierung ist vorhersehbar, was sie tun will, ist vorhersehbar. Sie versuchen davon abzulenken, mit einer Strategie, die Trumps Ex-Berater Steve Bannon schon 2018 mit "Flood the Zone with Shit" beschrieb. Den Medienraum jeden Tag mit so vielen absurden Aktionen und Provokationen zu füllen, damit Journalisten, aber auch andere Entscheidungsträger nicht mehr mitkommen. Hier muss sich Merz besinnen und auf den neuen Masterplan der USA einstellen. Er muss sich fragen: Was erfordert zwingend eine Reaktion und was gilt es zu ignorieren. Als Kanzler kann er mit daran arbeiten, die wichtigen Themen in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit zu rücken.

Auch die USA können nicht alles im Alleingang

So sehr die USA auch auf America First pochen - alleine können sie sich nicht gegen eine expansive Politik Russlands in der Ukraine, aber auch in Georgien und in Moldau stellen. Genauso wenig wie sich die USA alleine dem Wirtschaftskolonialismus Chinas mit seiner Politik der "Neuen Seidenstraße" stellen können. Die USA brauchen Europa - als Wirtschaftspartner, aber auch als Partner in einer Welt, in der Russland und China an ihrer eigenen Vormachtstellung in der Weltordnung arbeiten. Hier muss Merz ansetzen - aber gleichzeitig die Unabhängigkeit Europas von den USA in Sicherheitsfragen vorantreiben.

Morgenecho: Kommentar zu 100 Tage Trump

WDR 5 Morgenecho 30.04.2025 04:57 Min. Verfügbar bis 30.04.2027 WDR Online


Merz braucht diplomatisches Feingefühl

Gleichzeitig hatte der Bald-Kanzler in der Vergangenheit schon öfters angedeutet, dass er zu offene Kritik an Donald Trump für einen diplomatischen Fehler hält. Ich übrigens auch, denn Trump reagiert auf sowas gern mit trotzigen Übersprungshandlungen und Drohungen, um seine Macht zu demonstrieren - damit ist keinem geholfen.

Merz’ Partei, die CDU, unterhält durchaus auch gute Kontakte in die republikanische Partei. Jens Spahn etwa hat den Parteitag der Republikaner besucht. Merz will hart in der Sache bleiben und die Interessen Europas gegenüber Trump klar verteidigen, aber dafür muss er mit Donald Trump auch eine gute Beziehung auf Augenhöhe aufbauen.

Ob ihm das gelingt? Es ist ein schmaler Grat, den ein neuer Kanzler Merz beschreiten muss. Er muss unsere geopolitischen Interessen klar vertreten, gleichzeitig der Trump-Regierung gewogen bleiben, aber auch unsere Werte als offene Gesellschaft verteidigen - und auch die Stimmen in seiner Partei dämpfen, die an einer noch stärkeren Annäherung an die ultrarechte MAGA-Bewegung arbeiten. Davon hängen bald nicht nur deutsche Interessen ab, sondern auch die Interessen Europas.

Wie seht ihr das - wie sollte die neue Regierung mit US-Präsident Trump umgehen? Lasst uns darüber diskutieren! In den Kommentaren auf WDR.de oder auf Social Media.

Kommentare zum Thema

85 Kommentare

  • 85 Wolfgang Brenner 06.05.2025, 18:42 Uhr

    Hoffentlich setzt Herr Merz das auch um. was er uns versprochen.Ich komme aus dem Handwerk und hoffe endlich das unser Handwerk mit all Ihren Familienbetrieben endlich wieder Gehör findet und unser schönes deutsches Handwerk wieder einen Stellenwert in der neuen Regierung findet. Macht nicht den Mittelstand kaputt,denn dann gehen wir allesamt den Bach runter.Den Mittelstand stärken und nicht wie die SPD diesen schwächen. Hoch lebe das deutsche Handwerk.

  • 84 Politikexperte 06.05.2025, 17:22 Uhr

    Spätestens heute muss auch de Letzten klar geworden sein: Merz` Strategie kann nur lauten, das Feld anderen zu überlassen.

  • 83 Frank 06.05.2025, 16:38 Uhr

    Interessante Kommentare, besonders die vielen gesperrten- es lebe das Grundgesetz in dieser angeblichen Demokratie mit Meinungsfreiheit

  • 82 Frank 06.05.2025, 16:34 Uhr

    Deutschland muß erst sich selber finden. Unsere „Demokraten“ spalten das Land immer weiter. Nur wenn wir unseren Weg definieren können wir in Augenhöhe mit den Großen der Welt verhandeln, sonst sollten wir uns lieber verkriechen. Heute lacht ja die ganze Welt über Deutschland

  • 81 Zweifler 06.05.2025, 11:41 Uhr

    Wir kritisieren die Amerikaner weil sie einen Trump wählten. Und was passiert bei uns? CDU und SPD starten mit einer Niederlage für den Kanzlerkadidaten Merz. Es erinnert mich an 1933. Die AFD reibt sich die Hände und schaut mit Häme zu. So wie die trumpnahe Presse Hilfestellung gab, haben unsere öffentlich rechtichen Rundfunkanstalten nicht selten, wenn auch oft versteckt, Stimmung gegen den jetzigen Kanzlerkandidaten gemacht. Ob wohl bei einigen Intendanten innen Nachdenklichkeit eintritt? Ich wage es zu bezweifeln.

  • 80 Scheibenklar im Bus 06.05.2025, 07:30 Uhr

    Unsere "offene" Gesellschaft spricht nicht mehr mit einer Stimme und deshalb können wir unsere Interessen momentan international auch nicht sehr glaubhaft vertreten. Die ganze Welt ist doch im Bilde, dass wir die Problematik der Migration aus den letzten zehn Jahren längst noch nicht bewältigt haben. Vorwiegend die Ämter des Wirtschafts-, Innen- und Außenministeriums werden durch die neue Regierung beschädigt übernommen. Ich hoffe, dass Merz bedacht handelt, sich nicht, an Domino-Theorien glaubend, in Stellvertreterkriege hineinziehen lässt. Wegen der Rohstoffabhängigkeit könnte Deutschland sehr leicht der Stecker gezogen werden. In der neuen Weltordnung handeln alle kapitalistisch. Deswegen sollten wir uns von systemischen Feindbildern trennen. Vor 80 Jahren endete der zweite Weltkrieg. Vor 50 Jahren der Krieg um und in Vietnam. Heute leben immer noch viele Menschen ein traumatisiertes Leben und leiden an den Spätfolgen.

    Antworten (1)
    • Brigitte S. 06.05.2025, 13:36 Uhr

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  • 79 06.05.2025, 04:06 Uhr

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  • 78 Vera Aloe Spüli 05.05.2025, 21:37 Uhr

    Die Regierung braucht keine Strategie für Trump. Deutschland hat ein innenpolitisches Problem mit zunehmender Polarisierung und das ist auch der US-Administration bekannt. Egal wer Deutschland besuchen würde, ob nun Xi Jinping, Putin oder Trump. - In Deutschland gäbe es unschöne Bilder u. Demonstrationen. Deutschland ist ungastlich, tendenziös, zerrissen u. multikulturell geworden. Deutschland kann sich selbst nicht mehr definieren. Ich sehe darin eine große Gefahr.

    Antworten (3)
    • Servus im Exil in AT. 06.05.2025, 11:54 Uhr

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    • Name unterdrückt (Netiquette-Verstoß) 06.05.2025, 13:03 Uhr

      Das ist das Grundproblem ! Bis auf den ÖRR-Wetterbericht kann Alles in die Tonne !

    • KGAL 06.05.2025, 14:32 Uhr

      @Vera Aloe Spüli, Diesen Kommentar von Ihnen kann ich zustimmen, im Bezug zu den Worten:Polarisierung,ungastlich, tendenziös, zerrissen u. multikulturell. Nur der letzte Satz: "Ich sehe darin eine große Gefahr". Ist mir nicht ganz klar, was sie damit meinen,oder ausdrücken wollten? Sollte damit die AfD, als großer Retter in der Gefahr gemeint sein? Müsste ich ihnen aber widersprechen, 1933-1945 hatten wir schon einmal und streuen uns nach 80 Jahren immer noch Asche aufs Haupt, eine Wiederholung dieses Traumas brauchen wir wirklich kein zweites mal.

  • 77 Anonym 05.05.2025, 20:36 Uhr

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  • 76 ÖRR:30 Jahre Verdoofung 05.05.2025, 20:24 Uhr

    Mehr habe ich seitdem bislang noch nicht gesehen ; eswird immer schlimmer !

    Antworten (3)
    • 06.05.2025, 03:37 Uhr

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    • 06.05.2025, 06:36 Uhr

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    • Anonym 06.05.2025, 10:20 Uhr

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  • 75 05.05.2025, 19:53 Uhr

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