Merz Kabinett: Frust in der NRW-CDU | Westpol
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Merz Kabinett: Frust in der NRW-CDU
Stand: 06.05.2025, 18:54 Uhr
Friedrich Merz ist am Dienstag im zweiten Anlauf im Bundestag zum zehnten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden. Bereits vor der Kanzlerwahl präsentierte er ein Kabinett, das bewusst Brüche mit der bisherigen GroKo-Politik setzen will. Mit Quereinsteigern und neuen Gesichtern, aber niemandem aus NRW und dem Arbeitnehmerflügel seiner Partei. Gerade die wollen die Sozialthemen aber nicht SPD und AfD überlassen.
Von Daniela Becker und
Per Quast
Am Vorabend des 1. Mai ist der Marktplatz in Olpe voll. Karl-Josef Laumann ist als Redner angekündigt, kommt und spricht über Tarifbindung, soziale Gerechtigkeit und seine Sorge vor der AfD.

Karl-Josef Laumann (CDU) ist und bleibt Sozialminister in NRW
Nicht wenige hier hatten sich Laumann als Bundesminister im Kabinett von Friedrich Merz gewünscht. „Für mich persönlich gibt es sehr viele gute Gründe in Nordrhein-Westfalen zu bleiben“, sagt Laumann im anschließenden Interview. „Ich bin sehr gerne hier und bleibe auch sehr gerne hier.“
Er ist einer von mehreren Prominenten CDU-Politikern aus NRW, die als Minister im Kabinett von Friedrich Merz gehandelt worden waren, letztlich aber leer ausgingen.
Interne Kritik über Kabinettsbesetzung
Unmut über die Besetzung des Kabinetts kommt vor allem aus dem sozialpolitischen Flügel, der CDA. Von dort gibt es in dieser Woche sogar öffentlichen Widerspruch. Dennis Radtke, Europaabgeordneter und Bundesvorsitzender der CDA, beklagt das Fehlen sozialer Akzente seiner Partei im neuen Kabinett.

Dennis Radtke ist Bundesvorsitzender der CDA
„Die CDU kümmert sich um Wirtschaft, und die SPD kümmert sich um Soziales und unsere Rolle beim Sozialen ist irgendwie mahnen, bremsen, einhegen. Das ist eine ungesunde Arbeitsteilung“, so Radtke. Dies habe in der Vergangenheit den Eindruck verstärkt, die CDU sei „kaltherzig“ und nur Arbeitgeberpartei.
Außen vor im Kabinett
Die NRW-CDU schickt keine Minister nach Berlin. Der größte Landesverband der CDU bekommt dafür aber andere wichtige Posten. Neben Staatssekretären wird mit Jens Spahn beispielsweise ein Münsterländer Fraktionsvorsitzender.

Chefredaktuerin Eva Quadbeck leitet das Hauptstadtbüro des Redaktionsnetzwerk Deutschland
Ansonsten habe Friedrich Merz bewusst Quereinsteiger, Anfänger und Leute von außerhalb geholt, sagt die Chefredakteurin des Redaktionsnetzwerk Deutschland, Eva Quadbeck. Merz fehle zwar häufiger das politische Fingerspitzengefühl, doch „hinter dieser Kabinettsauswahl steckt schon auch eine Strategie, dass er sich eben bewusst absetzt hat von dem, was bisher parteipolitisch so normal war, das man nach Proporz guckt“, so Quadbeck.
NRW als sozialer Treiber in der Union?
Und außerhalb des Merz-Kabinett könnte das bevölkerungsreichste Bundesland eine wichtige Rolle als Sprachrohr für die sozialen Themen in der CDU übernehmen. Mit Dennis Radtke und Karl-Josef Laumann kommen die beiden bekanntesten Sozialpolitiker der Partei aus dem Westen und auch der Ministerpräsident suchte hier in der Vergangenheit bewusst andere Akzente als der kommende Kanzler.
Und dann kommt noch die AfD
Im Ruhrgebiet ist die AfD auf dem Vormarsch. Auf die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der Bundesregierung der letzten Jahre brauche es bessere Angebote für diese Wähler, um einen weiteren Rechtsruck zu verhindern, fordern viele in der CDU. „Dieses ganze Maßnahmenpaket von Migration über wirtschaftliche bis soziale Krise muss von dieser neuen Bundesregierung adressiert werden. Das ist eine Herkulesaufgabe.“ meint Dennis Radtke, selber aus Bochum.
Das Kabinett Merz will politischen Aufbruch vor allem mit neuen Gesichtern, den parteiinternen Spielregeln zum Trotz. Doch schon vor der Kanzlerwahl brodelte es in der CDU: Sozialpolitische Forderungen nach mehr Engagement und ein Kanzler, der für das Gegenteil steht. Dazu kommt der Druck durch die AfD von rechts und die nun aufkommende Diskussion um ein Verbotsverfahren der Partei. Genug Sprengkraft gab es also schon, bevor Friedrich Merz überhaupt zum Kanzler gekürt worden ist.
Über das Thema berichten wir in der Sendung Westpol im WDR Fernsehen.