Portraitfoto von Robert Heidt

An Silvester von Auto überfahren: Das lange Leiden eines Wuppertalers

Wuppertal | Verbrechen

Stand: 09.05.2025, 06:58 Uhr

Der Wuppertaler Robert Heidt möchte kurz nach Mitternacht am 1. Januar 2024 das neue Jahr mit einer Silvester-Rakete begrüßen. Doch ein Auto rammt ihn. Ein Unfall ist es laut Polizei aber nicht.

Von Wolfram Lumpe

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Schock in der Neujahrsnacht

Als das Jahr 2024 gerade mal sieben Minuten alt ist, ändert ein schlimmes Geschehen das Leben von Robert Heidt wohl für immer. Ein paar Minuten früher: Silvester 2023, Mitternacht. Wie viele andere Wuppertaler geht Robert Heidt mit seiner Frau und den beiden sieben und acht Jahre alten Kindern nach draußen. Der heute 45-Jährige will für die Familie das Feuerwerk starten.

Doch dann muss seine Familie miterleben, wie praktisch aus dem Nichts ein Auto mit offenbar hoher Geschwindigkeit Robert Heidt frontal erfasst. Er wird mehr als 20 Meter durch die Luft geschleudert, bevor er auf den Asphalt der Wuppertaler Hauptverkehrsstraße B7 aufschlägt. Er erleidet mehrere lebensgefährliche Verletzungen.

Ein Handyvideo zeigt, wie ein Auto auf Robert Heidt zurast

00:03 Min. Verfügbar bis 09.05.2027

Der Autofahrer fährt weiter, wie die Ermittlungen der Polizei ergeben, "ohne zu bremsen". Der Fahrer verletzt noch eine 15 Jahre alte Jugendliche und eine 42 Jahre alte Frau schwer. Sie wird auf der Motorhaube liegend noch mehr als 40 Meter mitgerissen.

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Flucht und erfolgreiche Ermittlungen

Die beiden Kinder müssen alles mit ansehen. Und Robert Heidts Frau ist nicht nur Augenzeugin. Sie hat auch ungewollt den Moment des Zusammenstoßes im Video festgehalten. Eigentlich wollte sie festhalten, wie ihr Mann eine Rakete in den Nachthimmel schickt.

Robert Heidt sitzt in einem Rollstuhl, neben ihm stehen seine beiden Kinder.

Die beiden sieben und acht Jahre alten Kinder mussten mitansehen, wie Robert Heidt von einem Auto gerammt wurde

Das Fahrzeug wird schnell in einer nahegelegenen Seitenstraße gefunden. Die Frontscheibe eingedrückt. Der Fahrer bleibt zunächst flüchtig. Der letzte Halter des Autos beteuert, nicht selbst gefahren zu sein. Schließlich ermittelt die Polizei, wer am Steuer saß: Ein 19-Jähriger, der keinen Führerschein hat. Das Auto hatte er kurz vorher gekauft, aber weder angemeldet noch versichert. Und er soll auf der Fahrt unter Drogen gestanden haben, sagen Polizei und Staatsanwaltschaft.

"Ich weiß nur noch, dass ich aus unserer Wohnung mit dem Aufzug nach unten gefahren bin", erzählt Robert Heidt. Danach reiße seine Erinnerung ab. Er liegt zwei Monate im Koma. Es gibt immer wieder Phasen, in denen fraglich ist, ob er überleben wird. Seine Schwester ist von der ersten Minute an bei ihm und seiner Familie. Sie hilft bis heute. "Ich dachte erst, er ist angefahren worden und hat sich ein Bein gebrochen. Und als ich ihn dann tatsächlich am nächsten Tag im Krankenhaus gesehen habe, da ist schon die Welt zusammengebrochen", sagt Nelli Ruppel.

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Der Kampf zurück ins Leben

Die Welt von Robert Heidt baut sich erst langsam wieder auf. Aus dem Koma erwacht, muss er praktisch alles neu lernen. Mit den Sprachproblemen wegen einer Hirnblutung muss er bis heute klarkommen. Trotzdem sagt er im Krankenhaus immer wieder: "Ich will endlich nach Hause." Aber das dauert am Ende fünf lange Monate. Leidenszeit und Gesundung sind damit aber noch längst nicht vorbei. Wie es ihm heute wirklich gehe, das sei immer auch "tagesformabhängig".

Robert Heidt kämpft mit den Folgen des Autounfalls

00:19 Min. Verfügbar bis 09.05.2027

Anfang Juni folgt für ihn eine psychische Belastungsprobe: Am Wuppertaler Amtsgericht ist dann der Prozess gegen den Autofahrer angesetzt. Der Hauptvorwurf: schwere Körperverletzung. Robert Heidt wird mit seinem Anwalt Nebenkläger sein. Die Konfrontation mit dem Mann, der sein Leben für immer verändert hat, sucht er dabei ganz bewusst. "Ich will ihn sehen. Ich weiß nicht, wie ich das aufnehme. Aber ich möchte wissen, ob er vielleicht Reue zeigt."

Seine Schwester will ihn begleiten. Wie die gesamte Familie plagt auch sie die Frage nach dem Warum. "Wenn es aus Versehen passiert wäre, dann hätte er doch wenigstens stehenbleiben müssen. Warum ist er weitergefahren? Warum hat er noch zwei weitere Personen angefahren? Das ist das, was ich erfahren möchte."

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Trotz allem: Viel Optimismus

Wie ein gebrochener Mann wirkt Heidt dennoch nicht. Er redet gelassen, wirkt fast entspannt. Wenn auch die Strapazen der vergangenen Monate nicht nur ihm, sondern auch seiner Schwester und seiner Frau anzumerken sind. Er selbst kann jedenfalls wieder lächeln. "Ich war natürlich schon mal lustiger, aber ein bisschen bin ich es noch", sagt er.

Unfallopfer Robert Heidt hat seinen Humor nicht verloren, sagt Schwester Nelli Ruppel

00:10 Min. Verfügbar bis 09.05.2027

Bis auf Weiteres geht Robert Heidt regelmäßig zu Physio- und Ergo-Therapie. Logopädie soll ihm bei seinen Artikulationsproblemen helfen. Die größten Sorgen macht ihm aber die materielle Zukunft seiner Familie, denn die ist ungewiss. An eine Rückkehr in seinen Beruf als Garten- und Landschaftsbauer ist für Robert Heidt nicht mehr zu denken.

Robert Heidt sitzt verletzt im Rollstuhl, neben ihm sind seine Frau und sein Sohn.

Robert Heidt kämpft sich mit Unterstützung seiner Familie ins Leben zurück

Das Verursacher-Fahrzeug war nicht versichert. Es gibt also keine Versicherung, an die er Ansprüche stellen könnte. Bis zur tragischen Silvesternacht war er der Allein-Ernährer, das Krankengeld läuft aber im Juni aus, sagt er. Und ob ihm Schmerzensgeld zugesprochen wird, das wird erst der Prozess zeigen.

Über dieses Thema haben wir auch am 08.04.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.