Ausweispapiere von Georg Schulhoff. Ein Foto von ihm.

Georg Schulhoff: Vom Verfolgten zum Ehrenbürger Düsseldorfs

Düsseldorf | Heimatliebe

Stand: 08.05.2025, 07:17 Uhr

Der Düsseldorfer Georg Schulhoff machte sich im Nachkriegsdeutschland als CDU-Politiker und Unternehmer einen Namen. Erst jetzt enthüllt eine Ausstellung in seiner Heimatstadt seine Vergangenheit als verfolgter Jude während der Nazizeit und welche wichtige Rolle seine Frau für sein Überleben spielte.

Von Helge Drafz

Die Schlange der Gratulanten ist unendlich lang, sie reicht quer durch den Festsaal und durch die geöffnete Tür: vor allem Männer in Anzügen, dazwischen ein paar Frauen im Festtagskleid, warten geduldig, um einem kleinen älteren Herrn mit Brille die Hand zu drücken.

Es ist das Jahr 1968 und der Düsseldorfer Georg Schulhoff feiert seinen 70. Geburtstag. Alles, was damals in Westdeutschland Rang und Namen hat, ist da: Minister, Abgeordnete, Chefs von Konzernen und Behörden. Die schwarz-weißen Fernsehbilder von diesem Empfang werden in den Nachrichten gesendet.

NS-Zeit: Verfolgung der Schulhoffs lange unbekannt

Georg Schulhoff war bis zu seinem Tod im Jahr 1990 ein bekannter Mann in Düsseldorf und im Westdeutschland der Wiederaufbau-Zeit: Inhaber eines Installateur-Betriebs, fast 20 Jahre Ratsherr seiner Heimatstadt, seit 1950 CDU-Abgeordneter im Landtag und später im Deutschen Bundestag. Außerdem war er fast 40 Jahre Präsident der Düsseldorfer Handwerkskammer.

Viele Personen befinden sich in einer zerstörten Landschaft. Sie stehen um ein Schild. Darauf steht "G. Schulhoff Heizungen".

Kurz nach Kriegsende öffnet Georg Schulhoff seinen Betrieb wieder

Man sah Schulhoff und seine Frau Erna häufig auf öffentlichen Veranstaltungen. Die Leidensgeschichte der beiden als Verfolgte des Naziregimes kannte aber niemand. 80 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus bildet die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf in der Ausstellung "Düsseldorf 1945 - Überleben in der Stadt" auch die bisher unbekannte Geschichte von Erna und Georg Schulhoff ab.

Schweigen über die Vergangenheit

Besucher erfahren dort, dass die Schulhoffs seit Mitte der 1930er-Jahre Diffamierungen und Drangsalierungen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt waren. Georg Schulhoff galt als Sohn einer jüdischen Mutter als "Halbjude". Erna Schulhoff warf das Regime vor, einen angeblichen "Volksfeind" geheiratet zu haben und ihn nicht verlassen zu wollen.

In der Pogromnacht 1938 wurde ihre Wohnung verwüstet, danach der Handwerksbetrieb geschlossen und die Konten eingefroren, erzählt die 59-jährige Enkelin Esther Schulhoff. Sie hat der Mahn- und Gedenkstätte Fotos und Dokumente ihrer Familie überlassen. Georg Schulhoff sei sehr verschlossen gewesen, was seine Erlebnisse in der Nazidiktatur anging: "Über diese Ereignisse wurde in der Familie später selten gesprochen", berichtet die Enkelin.

Esther Schulhoffs Großeltern sprachen nur selten über ihre Vergangenheit

00:25 Min. Verfügbar bis 08.05.2027

An Manches kann sie sich aber erinnern: "Opa und Oma hatten immer ein dickes Portemonnaie mit viel Bargeld bei sich. Genug Geld, um jederzeit ins Ausland flüchten zu können." Auch in der Öffentlichkeit war unbekannt, dass Georg Schulhoff 1944 die Deportation in ein Lager drohte, oder dass er in den letzten Kriegsmonaten untertauchte, während die Gestapo ständig bei der Familie auf der Matte stand.

Wie eine Frau ihren Mann versteckte

Selbst Enkelin Esther Schulhoff wusste lange nur, dass ihr Großvater das Kriegsende in Düsseldorf versteckt im Kohlenkeller des eigenen Hauses erlebt hatte - versorgt und beschützt von seiner Frau Erna. Sie spielte eine wichtige Rolle für das Überleben der Familie, weiß Andrea Ditchen von der Mahn- und Gedenkstätte der Stadt Düsseldorf. Erna Schulhoff stand zu ihrem Mann trotz der Drangsalierung durch das NS-Regime.

Andrea Ditchen über Erna Schulhoffs Entscheidung, ihren Mann zu verstecken

00:33 Min. Verfügbar bis 08.05.2027

Den Einmarsch der Amerikaner habe Georg Schulhoff als Befreiung empfunden, so Enkelin Esther Schulhoff: "Mein Großvater sah von da an nicht zurück, nur nach vorn: Er öffnete den Betrieb wieder und betätigte sich sofort politisch." Die Familie zog Schlüsse aus dem Erlebten, engagierte sich politisch, ehrenamtlich und sozial.

Dafür wurde Georg Schulhoff vielfach ausgezeichnet, etwa mit der Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt Düsseldorf. Dass Schulhoff im öffentlichen Leben ständig mit Menschen zu tun hatte, die vor 1945 aufseiten der Täter gestanden hatten, hat er klaglos hingenommen.

Über dieses Thema haben wir auch am 06.05.2025 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Düsseldorf, 19.30 Uhr.