Susan steht in einem rot-weißen Pullover vor einer Wand und guckt in die Kamera

"Come In" in Dortmund: Sicherer Ort für Frauen mit Problemen

Dortmund | Füreinander

Stand: 28.04.2025, 07:14 Uhr

Drogen, Prostitution, Wohnungslosigkeit: Wer ins Café "Come In" in der Dortmunder Nordstadt kommt, hat es nicht leicht. Warum der Ort für Frauen wie Susan so wichtig ist.

Von Paula Weber

Zielstrebig läuft Susan Krohn über einen Hinterhof in der Dortmunder Nordstadt. Eigentlich hat sie einen anderen Nachnamen, doch den will sie lieber für sich behalten. Für die grauen Wände und die geparkten Autos links und rechts hat sie keinen Blick. Ihr Ziel ist die offene Tür, neben der in roten Buchstaben steht: "Come In - Beratungscafé für Frauen". Drinnen warten ein kostenloses Frühstück und warme Mahlzeiten, außerdem Duschen und ein Platz zum Ausruhen.

Warum das "Come In" für Susan so wichtig ist

00:19 Min. Verfügbar bis 28.04.2027

Der erste Weg führt die 44-Jährige zu der Kaffeekanne auf einer kleinen Anrichte. Der Inhalt reicht gerade noch für ihre Tasse. "Steffi, ihr müsst Kaffee machen", ruft sie. "Ist schon vorbereitet", hallt es aus der anderen Ecke des Raumes. Die Mitarbeiter wissen, was Susan und die anderen Frauen brauchen. Frauen, die in ihrem Leben viel durchgemacht haben und noch durchmachen: Drogenabhängigkeit, Prostitution, Obdachlosigkeit. Das "Come In" ist für sie ein sicherer und geschützter Ort.

Wenn Drogen das Leben bestimmen

Die Dortmunder Nordstadt gilt als sozialer Brennpunkt. Am Nordmarkt, nur wenige Schritte vom "Come In" entfernt, werden Drogen nicht selten auf offener Straße verkauft und konsumiert. Neben Sucht ist auch Obdachlosigkeit eine Herausforderung für das Viertel. Die Stadt schätzt, dass 500 bis 600 Menschen in Dortmund auf der Straße leben, viele von ihnen halten sich in der Nordstadt auf.

Susan Krohn kennt diese Probleme aus eigener Erfahrung. Ihr Weg in die Szene beginnt, als sie 14 ist. Damals stirbt ihre Mutter: "Ich stand ganz allein da. Mein Bruder wohnte bei meinem Vater und ich wurde von Tante zu Tante weitergereicht. Es gab keine Liebe, keine Wärme, keinen Halt." Mit 15 fängt Krohn an, Haschisch und Heroin zu rauchen. "Mit meinem Cousin habe ich damals Heroin geraucht. Ich gebe ihm nicht die Schuld." Mit 23 ist sie bereits dreifache Mutter.

"Meine Töchter waren das Beste, was ich je hinbekommen habe. Und trotzdem habe ich sie mit meinem Drogenkonsum bestraft", gesteht sie. "Die Drogen waren immer stärker als ich", sagt sie. Jahrelang kann Krohn den Konsum vor ihren Kindern verheimlichen. Bis sie sich in einer Nacht im Wohnzimmer Heroin spritzt - und plötzlich ihre Tochter im Türrahmen steht.

Wie ihre Tochter Susan beim Drogenkonsum erwischt hat

00:22 Min. Verfügbar bis 28.04.2027

Während Krohn erzählt, sitzt sie in einem Drehstuhl in der kleinen Kleiderkammer im "Come In". Zuvor hat sie sich ein paar frische Kleidungsstücke aus den Regalen zusammengesucht. Auch das gehört zum Angebot des 2017 eröffneten Cafés, das von der Beratungsstelle Kober geleitet wird. Ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiterinnen arbeiten hier gemeinsam, um bei den mehr als 5000 Besuchen im Jahr den Frauen unter die Arme zu greifen.

Immer wieder macht Krohn Entzüge und Entgiftungen. Nachhaltig "clean" wird sie aber nicht. "Es reicht ein kleines Problem und der Rückfall ist vorprogrammiert", sagt sie. Am Ende verliert sie das Sorgerecht für ihre drei Töchter.

Prostitution und Sucht

Wie viele drogenabhängige Frauen geht Krohn jahrelang anschaffen, um sich die Drogen leisten zu können. "Wenn du einmal drin bist, ist es fast unmöglich, rauszukommen", sagt sie. Besonders für wohnungslose Frauen sei die Lage prekär. "Ich hatte zum Glück nur zwei gefährliche Situationen, als ich mich prostituiert habe. Aber das reicht mir. Einmal hat mir der Mann ein Messer an die Kehle gehalten. Ich hatte noch nie so viel Angst in meinem Leben."

Die Prostitution ist inzwischen Vergangenheit. Die Drogen aber sind geblieben. Umso wichtiger ist für die 44-Jährige das "Come In". Die Mitarbeiterinnen hören zu, begleiten zu Terminen, helfen bei Behördengängen oder der Suche nach Therapieplätzen. So offen müsste es überall sein, meint Krohn.

Was Susan sich von der Gesellschaft wünscht

00:28 Min. Verfügbar bis 28.04.2027

Später gibt es für Krohn im "Come In" noch ein Mittagessen. "Möchtest du noch eine Scheibe Brot dazu?", fragt eine Mitarbeiterin. Krohn nimmt es dankend an. "Es schmeckt sehr lecker", sagt sie immer wieder. Als sie sich später verabschiedet, bleibt ihr Blick noch einen Moment auf dem Eingangsschild des Cafés haften.

Über dieses Thema haben wir auch am 08.04.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Dortmund, 19.30 Uhr.